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Biken will gelernt sein!
Johannes Pistrol aus der #skinfitcrew ist ambitionierter Mountainbiker und Spezialist auf den kniffligen Trails. Von ihm kann man so einiges lernen, weswegen wir ihn gebeten haben, uns und euch nochmal genau zu zeigen, wie das eigentlich mit den engen Kurven alias Spitzkehren auf den Trails so funktioniert. Aus diesem Grund erklärt er euch hier die richtige Technik
Wie komme ich am Trail um enge Kurven?
Johannes | Das Versetzen des Hinterrades ist eine Kurventechnik, die vor allem im alpinen Raum eingesetzt wird, um mit dem Mountainbike auch engste Kehren zu meistern. Wie der Name bereits verrät, rollen nicht beide Räder des Bikes um die Kurve, sondern das Hinterrad wird angehoben und zur Seite versetzt, um in anderer Richtung weiterzufahren. Die verbreitete Anwendung im alpinen Raum ist kein Zufall. Die meisten Wege und Steige in den Bergen wurden für Fußgänger angelegt und die brauchen nicht so große Kurvenradien wie wir Biker.
Um die Natur zu schonen und alte Weganlagen nicht zu zerstören, empfiehlt sich für Biker das Erlernen des Hinterrad Versetzens. Knifflige Kehren fahrend zu meistern, macht darüber hinaus unglaublich Spaß. Auch für Radler, die keine derartig engen Kurven auf ihren Hometrails vorfinden, lohnt sich das Erlernen dieser Kurventechnik. Jede erlernte Fahrtechnik verbessert meiner Erfahrung nach die Beherrschung des eigenen Bikes, gibt Sicherheit und erweitert in brenzligen Situationen den Handlungsspielraum.
Hinterrad versetzen - aber wie?
Das Versetzen des Hinterrades sieht vielleicht einfach aus, es handelt sich aber jedenfalls um eine fortgeschrittene Fahrtechnik, die einiges an Übung und insbesondere Koordination erfordert. Das gesamte Manöver kann in 3 Bewegungen unterteilt werden – das Anheben des Hinterrades, das seitliche Versetzen und schließlich das Absetzen des Hinterrades und Ausbalancieren des Bikes. Üben kann man die Technik fast überall, wobei sich für den Beginn eine Wiese mit mäßigem Gefälle aus meiner Sicht am besten eignet. Den Sattel senkt man so weit wie möglich ab, um viel Spielraum über dem Rad zu haben. Um die Technik sauber zu erlernen, empfehle ich Flatpedale statt Klickpedale. Helm und Handschuhe sollten selbstverständlich sein, Knie- und/oder Schienbeinschoner sind auch niemals ein Fehler.
1. Hinterrad anheben
Um das Hinterrad in die Höhe zu bekommen, gibt es zwei Möglichkeiten - das Ziehen der Vorderradbremse und das Abdrücken und Verkeilen in den Pedalen. Beide Techniken führen zum Ziel, wobei eine Kombination am effizientesten funktioniert. Für das Üben beider Techniken rollt man zunächst mit geringer Geschwindigkeit in der Grundstellung die Übungswiese hinab. Das bedeutet auf den Pedalen stehend mit leicht angewinkelten Beinen und mit annähernd waagrechter Kurbelstellung. Die Arme sind dabei leicht angewinkelt, um weiterhin Bewegungsspielraum zu haben. Aber doch stabil angespannt, um nicht über dem Lenker einzuknicken, sobald das Hinterrad hebt.
In der Anfahrt stelle ich die Kurbeln waagrecht, habe Beine und Arme angewinkelt und achte auf einen stabilen Oberkörper. Mein Blick ist auf den Kurvenverlauf gerichtet.
Für das Anheben des Hinterrades mittels Vorderradbremse lässt man die Bremse leicht schleifen und greift dann immer fester zu, bis das Vorderrad stehen bleibt und sich das Hinterrad hebt. Durch rascheres Ziehen der Bremse bzw. eine höhere Geschwindigkeit während des Rollens kann man sich langsam steigern, bis man ein sicheres Gefühl für die Dosierung der Bremse entwickelt hat. Auch ganz ohne Hilfe der Vorderradbremse ist es möglich, das Hinterrad vom Boden zu lösen. Wiederum in der Grundstellung rollend, winkelt man die Beine etwas weiter an und drückt sich dann über die Pedale dynamisch vom Boden ab. Damit das Bike die Bewegung auch mitmacht und man nicht einfach nur vom Rad hüpft, muss man sich quasi im Bike verkeilen und eine Körperspannung zwischen den Kontaktpunkten zum Rad aufbauen. Das funktioniert über einen festen Griff am Lenker und über die Reibung zwischen den Schuhsohlen und den Pedalen.
Um das Hinterrad vom Boden zu lösen, drücke ich mich mit kraftvollem Druck auf die Pedale ab. Der Dämpfer meines Fullys wird dabei sichtlich komprimiert.
Wer beide Techniken beherrscht, kann sie im nächsten Schritt auch kombinieren. Das dynamische Abstoßen sorgt für mehr Kontrolle über das Hinterrad und die Höhe des Anhebens. Die Vorderradbremse sorgt dafür, dass das Vorderrad in engen Kehren auch tatsächlich blockiert und das Versetzen des Hinterrades auch an der erforderlichen Stelle gelingt.
2. Seitliches versetzen
Damit das Hinterrad nach dem Anheben nicht einfach an derselben Stelle wieder zu Boden fällt, leitet man das Anheben durch eine kurze Lenkbewegung ein. Für eine Linkskehre beispielsweise lenkt man kurz vor dem Scheitelpunkt der Kurve nach links ein und hebt während des Einlenkens das Hinterrad an. Der Lenkimpuls sorgt dafür, dass das Hinterrad automatisch in Richtung Kurvenaußenseite schwingt. Eine große Herausforderung ist das richtige Timing, also die zeitliche Koordination von Lenkbewegung und Anheben des Hinterrades. Übung macht auch hier den Meister. Um die seitliche Bewegung zu vergrößern, drückt man sich nicht einfach gerade nach oben vom Boden ab, sondern zieht das Rad durch eine Hüftbewegung in Richtung der Kurvenaußenseite weiter mit. Essenziell ist dafür das Aufrechterhalten der Körperspannung und Verkeilen am Rad.
2. SEITLICHES VERSETZEN
Damit das Hinterrad nach dem Anheben nicht einfach an derselben Stelle wieder zu Boden fällt, leitet man das Anheben durch eine kurze Lenkbewegung ein. Für eine Linkskehre beispielsweise lenkt man kurz vor dem Scheitelpunkt der Kurve nach links ein und hebt während des Einlenkens das Hinterrad an. Der Lenkimpuls sorgt dafür, dass das Hinterrad automatisch in Richtung Kurvenaußenseite schwingt. Eine große Herausforderung ist das richtige Timing, also die zeitliche Koordination von Lenkbewegung und Anheben des Hinterrades. Übung macht auch hier den Meister. Um die seitliche Bewegung zu vergrößern, drückt man sich nicht einfach gerade nach oben vom Boden ab, sondern zieht das Rad durch eine Hüftbewegung in Richtung der Kurvenaußenseite weiter mit. Essenziell ist dafür das Aufrechterhalten der Körperspannung und Verkeilen im Rad.
Nach dem dynamischen Abdrücken vom Boden geht meine Hüfte bei leicht eingeschlagenem Lenker sofort in Richtung Kurvenaußenseite, um das Hinterrad weiter zu drehen.
3. Hinterrad absetzen
Der dritte Teil des Manövers wird kaum als eigenständiger Schritt verstanden, stellt aber für viele eine große Herausforderung dar. Zwar kommt das Hinterrad auch von alleine wieder zu Boden, aber dabei verliert man nur allzu leicht die Balance. Einer der Gründe ist die fehlende Fahrgeschwindigkeit, die normalerweise stabilisierend wirkt. Sobald das Hinterrad weit genug versetzt worden ist, sollte man deshalb sofort die Vorderradbremse lösen, um vorwärts zu rollen und die Balance wiederzuerlangen. Abschüssiges Terrain, wie die genannte Übungswiese oder ein Pfad mit Gefälle helfen ungemein.
Mein Hinterrad hat bereits einen ausreichend großen Weg zurückgelegt, um sicher auf dem Trail weiterfahren zu können. Ich löse deshalb die Vorderradbremse, um mein Bike durch die Fahrbewegung zu stabilisieren.
Wenn das Hinterrad schließlich wieder Bodenkontakt erlangt, bin ich bereits ein Stück den Trail entlanggerollt.
Gerade beim Erlernen des Hinterrad Versetzens will man oft zu viel und versucht mit aller Kraft, eine Seitwärtsbewegung des Hinterrades herbeizuführen. Oftmals ist dann noch zu viel Impuls in eine Richtung übrig, wenn das Hinterrad wieder am Boden aufsetzt. Das bedeutet, dass das Anheben des Hinterrades und das seitliche Versetzen aufeinander abgestimmt sein müssen. Je höher das Rad angehoben wird, desto weiter kann es auch seitlich versetzt werden. Am Beginn ist es deshalb ratsam, sich lieber auf das saubere Anheben des Hinterrades zu konzentrieren und zunächst nicht zu viel Impuls in eine Richtung zu geben.
Umsetztechnik auf dem Trail
Die Kurventechnik übt man klarerweise nicht für die grüne Wiese, sondern für die Anwendung auf dem Trail. Hierfür habe ich noch ein paar Tipps: Für gewöhnliche Kurvenfahrten gilt für fast alle Fahrzeuge: außen-innen-außen. Versetzt man allerdings das Hinterrad seines Fahrrades, spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle. Ich schaue in einer engen Kehre immer nach dem besten Platz, um mein Vorderrad zu platzieren. Kurzfristig ist das Vorderrad mein einziger Kontakt am Boden. Ich muss mich darauf verlassen können, dass der Vorderreifen guten Halt findet und nicht wegrutscht. Eine ebene Fläche, ohne Wurzeln oder loses Gestein ist ideal. In der Fotostrecke befiindet sich beispielsweise eine Wurzel und eine kleine Stufe unmittelbar vor dem Scheitelpunkt der Kehre. Ich rolle deshalb noch über dieses Wurzelstufe, um mein Vorderrad unmittelbar dahinter für das Versetzen zu platzieren.
Ein Platz auf dem das Vorderrad guten Halt findet, diktiert oft die Linienwahl beim Versetzen des Hinterrades.
Das Hinterrad muss ausreichend Platz haben, um seitlich versetzt zu werden. Klingt und ist logisch, aber dennoch muss man erst ein Gefühl dafür entwickeln, wie lange das eigene Fahrrad ist und wie viel Platz es beim Versetzen des Hinterrades benötigt. Den idealen Punkt in der Kurve für das Versetzen kann auch das beeinflussen. Man muss nicht jede Kehre mit einem einzigen Versetzer bewältigen. Oftmals ist es besser, eine Kurve auf mehrere Etappen zu meistern und das Hinterrad in zwei oder drei Schritten sicher zu versetzen, als mit einer übermotivierten Bewegung die Balance zu verlieren.
Ich hoffe, dieser Beitrag hilft euch dabei, die Umsetztechnik zu erlernen!
Viel Spaß beim Üben,
Johannes